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311 – Das HIV

21. Dezember 2015

8 Kommentare

  • Liebe
  • Sex

Liebe Frauen,

schreibe ich über Gummis und verliere dabei kein Wort über AIDS.

Hole ich nach.

In den 80ern, als AIDS plötzlich in aller Munde war – kein Witz beabsichtigt -, gab es viele Bemühungen, den Gebrauch von Kondomen populärer zu machen und das Peinliche daran, welche zu kaufen und damit preiszugeben, dass man Sex hatte, zu verringern, dass man nämlich mit dem Kauf von Kondomen kundtat, einen Penis zu haben, als Mann, der bei Gelegenheit ergierte, dass man dann ein Gummi drüberzog, weil man vor hatte, damit die Vagina einer Frau zu penetrieren und zwar bis zur Ejakulation, ja, dass man ejakulierte, dass man sowas tat. Oder als Frau: Dass man es zuließ, dass ein Mann seinen erigierten Penis in die eigene Vagina steckte, dass man Sex hatte, freiwillig, gern. Dass dieses so gerne abstrakt gehaltene Konstrukt Sex, das jeder hatte, aber über das niemand sprach, plötzlich durch die Fokussierung auf einen Gegenstand, der eine ganz spezielle Funktion hatte, so konkret werden ließ. Und das wollte man tunlichts vermeiden.Solche 311 - das HIV | Adam sprichtBilder wie die eben beschriebenen in fremdem Köpfen, geht ja gar nicht. Das war aber nicht besonders hilfreich in Zeiten, in denen eine potentiell tödliche Krankheit durch eben solche Aktivitäten übertragen wurde. Also weg von der Tabuisierung von Sex und allem, was damit zusammenhängt. AIDS-Kampagnen. Und dass mein Beispiel von letzter Woche, die Peinlichkeit, Gummis im Supermarkt zu kaufen, nicht nur mich betraf, zeigte ein Spot mit Ingolf Lück und Hella von Sinnen. Der war lustig. Er kaufte verschämt Gummis, sie brüllte als Kassiererin durch den ganzen Supermarkt. Ich selber habe in der gleichen Zeit in einem anderen Spot mitgespielt. Auch in einem Supermarkt. Nur die Kassiererin war keine vom Typ von Sinnen, sondern eine fesche, will sagen, eine die den allgemeinen Annahmen von Schänheit der Zeit entsprach. Und die sollte ich in meiner Rolle im Spot anzumachen versuchen. Indem ich was tat? Indem ich Gummis zu einem Herzen drapiert auf das Kassaband legte. Spruch dazu: „Sag es durch den Gummi.“ Resultat? Ab dem nächsten Tag nach der ersten Ausstrahlung war ich in der Schule als Mister Gummi bekannt. Trotzdem habe ich den Schmäh nie im wirklichen Leben ausprobiert, denn die Aussage des Kondomherzens war doch im Grunde vor allem eine: Willst du mit mir ficken? Und sowas sag ich dann doch eher nie zu einer Unbekannten. Was es aber vielleicht doch tatsächlich gebracht hat: Man konnte drüber lachen, man konnte meinetwegen auch über mich lachen, man konnte dadurch das Wort Gummi in den Mund nehmen und vielleicht wurde damit auch die eine oder andere Hemmschwelle, so ein Ding zu kaufen und zu benutzen, überwunden. 80er.

Und heute lese ich, dass es wieder wesentlich mehr Infektionen mit dem HI-Virus gibt, dass vor allem Jugendliche keine oder nur ungern Gummis benutzen, dass AIDS den Schrecken, den es vor noch nicht allzu langer Zeit noch hatte, verloren hat, weil anscheinend niemand mehr daran stirbt, keine Promis mehr zumindest, und es laufen auch keine Promis mehr mit dem red ribbon rum, es werden keine herzerweichenden Filme mehr gedreht, es gibt ja Medikamente und mich trifft das nicht, das war doch in den 80ern eine Krankheit, die die Schwulen betroffen hat, aber wir leben im 21. Jahrundert, was soll denn schon sein?

Soll man Jugendlichen Angst machen, damit sie dran denken, dass AIDS auch jetzt noch alles andere als lustig ist? Wenn man zum Beispiel sein Leben lang Medikamente nehmen muss, damit die Krankheit eben nicht tödlich endet, weil ein kleiner Schnupfen das Immunsystem derart überfordert, dass man daran zugrunde geht? Ich hatte Angst. Damals. Vollkommen unbegründet, aber doch. Ich kann mich an den Moment erinnern, als ich zum ersten Mal von AIDS hörte, und zwar auf RTL Plus, so hieß der Sender noch, und es wurde in viel zu bunten Pullovern über eine Krankheit gesprochen, die sich per Küssen übertrage. War zwar falsch, kam aber an. Als mir meine ersten Sackhaare sprießen wollten, und sich kurz zuvor kleine weiße Punkte auf meiner Haut bildeten, war ich überzeugt, ich hätte AIDS. War mir klar, dass es das nicht war, als die Haare aus den Pünktchen schossen. Hätte mir auch klar sein können, dass ich in dem Alter – lange vor dem erwähnten Werbespot – einfach keine Gelegenheit gehabt hatte, mich mit dem HIV zu infizieren. Hätte ich also Aufklärung gebraucht. Brauchen die Jungen also vielleicht auch heute? Ohne Drohungen. Ohne Moralpredigten. Vielleicht auch mal wieder ein wenig mit Spaß?

Also, liebe sexuell aktiven jungen Frauen, die Ihr das hier vielleicht lest: Letzte Woche habe ich ja schon einen link zu billy boy (www.billy-boy.de) spendiert: Besorgt Euch ein paar lustige Pariser, vielleicht in Pink, wenn Ihr darauf steht, oder in Schwarz, wenn das eher Eurem Gemüt entspricht, oder meinetwegen mit Geruch oder genoppt oder gerillt, und nehmt den Penis, den erigierten Eures Freundes in die Hand und entrollt den Kondom schön langsam und genüsslich von der Spitze der Eichel hinunter über den schweren, warmen Schaft des Schwanzes, den Ihr in Euch spüren wollt, gleich, bald, jetzt. Genießt dieses Anlegen des Gummis, nicht weil es sein muss, sondern weil es zu dem führt, was jetzt kommt, was Ihr aber noch kurz hinauszögert. Und genießt es, Euren Freund damit zu beglücken, dass Ihr ihn und seinen Schwanz genießt und wahrnehmt, diesen seinen Penis. Genießt das, was da ist. Und dazu gehört ein Gummi und eine Erektion und eine Vagina und Ihr.

Worauf ich hinauswill: Dieses plötzlich so konkrete an der Vorstellung, ein Kondom zu benutzen, kann doch auch geil sein, nein?

Und Ansteckungen mit HIV verhindern halt auch.

Ach so: Und Kinder kriegen.

Euer Adam

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8 Kommentare zu "311 – Das HIV"

  • Lieber Adam,

    die leichte Verwirrung von letzter Woche löst sich auf. Ich hatte mich schon gewundert und dachte: Er macht doch sonst keine halben Sachen, wieso kein Wort über HIV, na, da wird wohl noch was zu dem Thema kommen.
    Und das Thema AIDS war für mich einer der Gründe, beim Kauf von Gummis kein ganz leicht seltsames Gefühl zu haben: Die Gesunderhaltung beider Partner.
    Ja, ich finde schon, dass man nicht nur Jugendlichen die nach wie vor vorhandene Ansteckungsgefahr wieder deutlicher ins Bewusstsein rufen sollte, da die Seuche alles andere als ausgerottet ist. Dazu bedarf es sicher keiner Moralpredigt, so schöne Werbespots sind möglicherweise wesentlich wirksamer.
    Ich habe den Eindruck, dass sämtliche Aufklärungskampagnen vollkommen eingeschlafen sind und fand den lauten Schrei nach Tina klasse. Werbung ist zumeist ausschließlich nervtötend, aber der bedröppelte, peinlich berührte Gesichtsausdruck von Ingolf Lück war super.

    • in meiner anderen Inkarnation, der des Schriftstellers, habe ich ein Theaterstück zum Thema AIDS geschrieben, das in einer Inszenierung aus Hamburg mit Unterstützung der Michael Stich Stiftung seit mittlerweile glaube ich 8 Jahren regelmäßig vor Schulklassen gespielt wird. Ich hoffe, dass da was ankommt.

        • was macht das Bild ansprechend? Der Schwanz? Dass er in einem Gummi steckt? Der Mann, dem der Schwanz gehört? Oder anders gefragt: Was kann Mann tun, um so rüber zu kommen? Kann er was tun?

          • Gemäß ausschließlich subjektiven optischen Vorlieben finde ich, es ist ein schöner Schwanz. Aber das gesamte Bild ist sehr ästhetisch und stimmig, weil für mich Mann und Schwanz aufgrund der Relationen des Körperbaus (Brustkorb, Hüften und Schwanz) zusammenpassen. Mann kann sicher etwas tun, um Muskelgruppen besser defniert darzustellen, der auf dem Bild sieht nicht gerade untrainiert aus. Ach je, bessere Erklärung fällt mir nicht ein.

            • bessere Erklärung muss auch nicht sein, es ist doch immer nur eine Annäherung, egal wie sehr wir Männer uns das eine uns einzige Rezept wünschen, wie wir es zu tun haben.

  • Lieber Adam,

    ja, das hoffe ich auch, wäre sehr wünschenswert. Ich habe oftmals das Gefühl, diese Seuche wird mittlerweile schlichtweg nicht mehr ernst genug genommen nach dem Motto “mir passiert das nicht”. Keine Ahnung, was in einigen Köpfen so vorgeht.

    Stephan und ich wünschen dir und deinen Lieben auf jeden Fall wunderschöne Feiertage mit Frieden, Erholung und gutem Essen.

    Und falls ich noch einmal das Lied vom Rentier mit der roten Nase höre, bekomme ich einen Schreikrampf.

    Schöne Festtage
    Stephan und Susanne

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