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526 – Der Mut, zu sich selbst zu stehen

2. Februar 2020

11 Kommentare

  • Körper

Liebe Frauen,

wie oft Ihr wohl hört, dass Ihr nur zu Euch selbst stehen müsst, und alles ist gut?

Ich schätze mal, sehr oft.

Und ich schätze mal, dass es meist nicht in diesen Worten passiert, sondern versteckt. Und sicher immer gut gemeint.

Der Körper und seine Makel

Eine Frau, die, beispielsweise, einen dicken Hintern ihr eigen nennt, wird im gleichen Frauenmagazin lesen, was sie nicht alles tun muss, um eben diesen wieder weg zu bekommen, und dass es doch gerade heutzutage wichtig ist, sich nicht mehr durch die Medien und vermeintliche Schönheitsideale dazu verleiten zu lassen, sich zu quälen, sondern endlich zu dem zu stehen, was man hat. Und sei es ein dicker Hintern. Die Schlagworte fliegen tief. Und wer als ganz normale Frau nicht body positivity auf der Stirn stehen hat, läuft Gefahr, wegen der dadurch unter Beweis gestellten Anpassung an den bösen Mainstream an den Pranger gestellt zu werden. Weil: Du hättest doch eigentlich Magersucht, gib’s zu. Und auch daran sind nur die sozialen Medien schuld. Also: Steh jetzt zu deinem fetten Arsch. Jetzt. Sofort. Na los, wird’s bald.

Wie gesagt, der Hintern dient hier nur als Beispiel. Es kann so ziemlich alles sein, was frau so an sich hat.

Doch wie das gehen soll, dieses „zu sich Stehen“, das habe ich zumindest noch nirgends gelesen.

Gut, ich bin ein Mann, ich weiß, und deswegen lese ich dann doch nur ab und zu im Wartezimmer eines Arztes eine Frauenzeitschrift, weil ich die Autozeitschriften noch weniger interessant finde, und tatsächlich hinken wir Männer da noch etwas hinterher, bei uns beginnt der ganze Körperwahn erst, wir müssen uns also noch darauf konzentrieren, uns zu optimieren. Sixpack und so.

Und obwohl ich ein Mann bin, glaube ich, braucht es eine ganze Menge Mut, zu sich zu stehen. Und das hat tatsächlich nicht nur etwas mit dem Körper und seinen vermeintlichen Makeln zu tun. Und es hat nicht nur etwas mit den sozialen Medien zu tun.

Das Ich

Zu sich stehen, das heißt, dass man ein großes Risiko in Kauf nimmt. Man macht sich nämlich angreifbar. So lange man sich eh eher niedermacht, kann man bei jedem Angriff, und sei er noch so untergriffig, sagen: Ja, eh, ja, ich weiß, ich muss mehr auf meine Ernährung achten, ich weiß, ich bin so unperfekt, aber ich arbeite dran, ich möchte ja dran arbeiten, wirklich ich geb mir Mühe, dass mein Arsch ganz knackig wird und dass ich aber gleichzeitig voll selbstbewusst bin, es tut so leid. Da verpufft der lustigste Angriff.

Steht man aber zu sich, kann man auch keine Ausreden mehr finden. Es gibt nicht: Ich find mich gut, weil ich leider … Es gibt nur: Ich find mich gut. Und aus. Nicht: Ich find meinen Hintern gut, weil das betont meine weiblichen … Einfach nur: Hintern gut. Brüste gut. Nase gut. Augen gut. Zehen gut. Und das ist deswegen so schwer, weil das gelten muss, egal aus welcher Richtung die Angriffe kommen. Und weil es dann auch bedeuten muss: Ich möchte meinen Hintern verändern, gut. Zu sich stehen, heißt, sich nicht mehr sagen zu lassen, dass man zu sich zu stehen hat.

Es bedeutet, dass man gut ist. Auch wenn man das nicht findet.

Klingt jetzt paradox, ich weiß.

Aber dazu stehe ich.

Euer Adam

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11 Kommentare zu "526 – Der Mut, zu sich selbst zu stehen"

  • Hallo Adam, ich lese deine Briefe sehr gerne und nehme aus ihnen viel mit. Zu dem Post möchte ich noch etwas ergänzen, da die Zeichnung ganz gut meine Figur widerspiegelt Ich wurde oft genug ermahnt, gesünder zu essen, mehr Sport zu treiben, mich durch die Diäten zu quälen, am besten von Menschen, die mich und meine Gewohnheiten überhaupt nicht kennen. Bloß nicht mit sich zufrieden zu sein! Mit der Zeit habe ich gelernt meinen Körper zu lieben. Ich kann rennen, schreiben, Musik hören, reisen, tanzen, lachen und noch so viel mehr. Ich liebe einfach mein Ist-Zustand. Morgen sieht mein Köper wieder anders aus, vielleicht dünner, vielleicht ein graues Haar, aber immer einzigartig. Seitdem ich voll und ganz zu meinem Körper stehe, laufen mir Männer regelrecht hinterher. Sie lieben diese Selbstsicherheit, Offenheit und Sexiness. Was wieder beweist, dass Attraktivität nicht unbedingt in einem knackigen Hintern oder in schmalen Hüften liegt;)

  • Im Zusammenhang mit Abnehmen wird oft von Diäten gesprochen. Diät machen Leistungssportler und Kranke.
    Wer abnehmen will, muss weniger Kalorien zuführen als er verbraucht. Wer abnehmen will fühlt sich nicht wohl in seinem Körper, sonst möchte er ja nicht abnehmen.
    Warum aber hat man vorher mehr zugenommen als man möchte? Ein paar Kilo Schwankungen sind normal. Es muss aber nicht in den zweistelligen Bereich gehen. Man stellt das schon vorher fest.
    Das persönliche Wohlfühlgewicht muss jeder für sich feststellen. Das ändert sich allerdings mit zunehmendem Alter.

    • Genau, es geht darum, dass man sich persönlich wohlfühlt. Ich glaube aber, dass sich deswegen nicht wohlfühlen, weil ihnen überall gesagt wird, dass sie sich nicht wohlzufühlen haben.

  • Ich kenne Dicke, die nie übers Abnehmen reden. Also reden auch andere nicht mit ihnen darüber.
    Aber ich kenne viele Leute, die ständig übers abnehmen reden, obwohl sie höchstens etwas rundlich sind. Besonders schlimm ist es, wenn bei Feierlichkeiten im Kuchen gestochert wird. Bei denen wird natürlich gelästert.

    Das sich Wohlfühlen stimmt nicht immer. Wenn eine Frau von 30 Jahren sich mit 60 kg wohlfühlt, dann kann sie mir mit 50 Jahren nicht erzählen, dass sie sich mit 80 kg auch wohlfühlt. Und wenn es dann mehr wird, dann ist es mit 70 Jahren eine Körperbehinderung!

    • im Post zuvor hast du noch geschrieben: “Das persönliche Wohlfühlgewicht muss jeder für sich feststellen. Das ändert sich allerdings mit zunehmendem Alter.” Und jetzt tappst du selbst in die Falle, dass du einer 50jährigen mit 80kg nicht mehr zugestehst, dass sie sich wohlfühlt?

      • Wer schon immer korpulent war, der kann sich vielleicht mit 80 kg wohl fühlen. er kenn ja nichts Anderes. Ich habe aber noch nie erlebt, dass sich jemand wohlfühlt, wenn er 20 kg zugenommen hat. Magersüchtige ausgenommen. ALLE wollen das wenigstens reduzieren.

        Meine Frau (70 J.) hat von 48 kg auf 68 kg zugenommen. Sie bremst sich beim Essen.
        In 50 Jahren hat sich natürlich mein Blickwinkel geändert. Jetzt finde ich die Rundungen erotisch und kann mir nicht mehr vorstellen, dass mich eine Frau mit 48 kg reizen würde.

  • Ich habe den Eindruck daß Übergewicht mehr und mehr gesellschaftsfähig ist, denn wiederum mein; allerdings wiederum subjektiver Eindruck ist, daß von Jahr zu Jahr es immer mehr übergewichtige Menschen gibt. Und vorallem sind mehr und mehr junge Menschen davon betroffen. Ob dies die Ergebnisse von junkfood sind, kann ich allerdings nicht beurteilen.
    Daß im Alter das Gewicht zunimmt scheint durchaus normal sein, denn “das gute Leben” und weniger Bewegung hinterlässt nunmal seine Spuren.
    Und die Ästhetik liegt, wie so oft, stets im Auge des Betrachters.

    • Es ist grad eine paradoxe Situation. Auf der einen Seite gibt es immer mehr Menschen, die Übergewicht haben (oder das, was man im Allgemeinen so bezeichnet), auf der anderen Seite propagieren die Medien trotzdem immer noch ihre Schönheitsideale wie eh und je und man muss „fit“ sein usw. Dabei bedeutet mehr Gewicht eben nicht immer unbedingt auch ungesund. Da müsste man genauer hinschauen, aber lieber wird pauschal geurteilt.
      Dass die meisten Menschen im Alter etwas zulegen, liegt allerdings oft ganz einfach am veränderten Stoffwechsel. Aber auch da ein Trend: Männer über 60 zeigen, wie sie mit Turnübungen ihre sportliche Figur behalten.

  • Übergewicht hat wirklich nicht unbedingt etwas mit übermäßig essen und trinken zu tun. Dies zwar auch, aber die Gene haben größtenteils auch darauf Einfluss. Eher die Fettleibigkeit zeugt von regelmäßigem und zuviel Konsumieren ungesunder Speisen wie Hamburger, Alkohol etc.! Übergewicht mag zwar nicht immer ungesund sein, aber gesund ist es auch nicht. Spätestens in höherem Alter macht sich dies oft in Form von Herz- und/oder Kreislauferkrankungen bemerkbar. Lieber öfter, über den Tag verteilt den aufkommenden Hunger stillen, dürfte m. E. die bessere Alternative sein.
    Und manche Menschen “fressen” nur aus Langeweile, wie z. B. die 6-jährige Enkelin meiner Partnerin.
    Zum allgemeinen Schönheitsideal kann ich nur anmerken, daß schlanke Personen; meines Erachtens, einfach anmutiger und fitter aussehen und es oft auch sind.
    Persönlich finde es eklig wenn ich fette Menschen sehe, wobei gerade Frauen oft in hautengen Leggings gekleidet unterwegs sind und bei denen man bereits die Anzeichen beginnender Cellulitis detailliert bei jedem Schritt erkennen kann.
    Abar auch für diese Personen gibt es Liebhaber/Liebhaberinnen die voll darauf stehen.
    Getreu dem Motto: Im Winter gibt sie/er warm, im Sommer wirft sie/er Schatten.

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