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498 – Die bessere Hälfte

21. Juli 2019

1 Kommentar

  • Liebe

Liebe Frauen,

habt Ihr eine bessere Hälfte?

Oder seid Ihr die bessere Hälfte von jemandem?

Falls Ihr in einer Beziehung seid, denn das bedeuten ja diese beiden Fragen, gilt natürlich zweiteres, weil es ist immer die Frau, die die bessere Hälfte des Mannes ist. So viel vermeintlicher Charme muss sein. So viel haben wir Männer uns aus den letzten Fünfziger Jahren ins laufende Jahrtausend gerettet. Zusammen mit all den anderen Machismen der Zeit.

Aber, aber … die Frau als bessere Hälfte zu bezeichnen, ist doch nicht machoid. Sie ist ja die bessere.

498 - Die bessere Hälfte | Adam spricht

Doch, ist es, denn erstens ist dieses Bezeichnen der Frau als bessere Hälfte eine zwar versteckte, doch äußerst herablassende Art des Gönnertums aus Herrensicht, weil es sich natürlich darauf bezieht, dass die Frau sich um das Aufrechterhalten des Alltagslebens (sprich: Haushalt) bezieht, wozu der Mann ja nicht so fähig ist, da er mit Geldverdienen beschäftigt ist. Zweitens ist die Frau keine Hälfte von etwas. Genauso wenig wie es der Mann ist.

Das Wir

Sobald zwei Menschen in eine Beziehung gehen, werden sie ein Wir. Ein Ganzes. Welches aus zwei Hälften besteht. Es gibt da eine Menschheitsentstehungslegende von Platon: Früher waren die Menschen Kugelwesen mit vier Armen, vier Beinen und zwei Gesichtern. Das war super. Doch wie es so kommt, haben sie sich getrennt. Ab sofort liefen zweibeinige und -armige halbe Menschen rum und sehnten sich nach nichts mehr, als sich wieder mit ihrer anderen Hälfte zu vereinen und wieder vollständig zu sein. Um das zumindest kurzfristig zu schaffen, gibt es Sex. Und doch bleiben die Menschen Halbwesen, unvollständig, unvollkommen. Und nur im Wir der Beziehung mit der anderen Hälfte sind sie wieder so, wie sie sein sollen.

Das ist ja ganz nett, um zu erklären, warum Paarbeziehungen so schön sind. Die Erklärung sagt aber eben auch, dass ein einzelner Mensch nur halb so gut ist. Und da, tutleid, lieber Platon, kann ich nicht mit. Denn ich will nicht einen Menschen lieben, der erst durch meine Liebe zu dem wird, was er sein soll. Und umgekehrt.

Zwei Ganze

Was ich an einem Menschen liebe, ist doch sein ganzes Wesen. Und das ist vollkommen unabhängig von mir. So wie meine Liebe zu ihm unabhängig von seiner Liebe zu mir ist. Ich kann ja auch einen Menschen lieben, der nicht mich liebt. Ja, klar, meistens ist dann der vermeintlich liebende angefressen, wenn er nicht zurückgeliebt wird, und dann liebt auch er nicht mehr, nein, er beginnt sogar zu hassen, weil er zutiefst im Inneren getroffen ist, die beleidigte Leberwurst, dass es gerade der Mensch, den man zu lieben glaubt, wagt, nicht zurückzulieben, also echt jetzt.

Nur dann ist es keine Liebe.

Dann ist es vielleicht wirklich so, dass da jemand deswegen so dringend geliebt werden will, weil er eben nur ein Halbmensch ist, der sich vervollständigen will. Und das nennt man Egoismus. Weil es nicht um den anderen geht, die anscheinend fehlende Hälfte, sondern es geht nur um einen selbst.

Und dann wundert man sich, dass so viele Menschen in Beziehungen bleiben, die ganz offensichtlich nicht gut für sie sind, weil nur die ganze Zeit gestritten und gelitten wird. Weil die Menschen wohl Angst haben, selbst wieder nur mehr eine Hälfte zu sein.

Das Wachsen

Wenn dem so ist, wenn man also darunter leidet, nur ein Halbes zu sein, kann man sich dann mit einem anderen Menschen zu etwas Ganzem machen?

Nein, kann man nicht. Denn dann ist man ja doch wieder nur zu zweit ein Ganzes.

Es ist also nicht nur meine seltsame Vorstellung, dass beide ein Ganzes sein sollten, um zusammen sein zu können, sondern es ist für jeden einzelnen unabdingbar, erstmal ein Ganzes zu werden, um sich auf wen anderen einlassen zu können.

Also sollten wir wachsen. Nicht, indem wir uns ein zweites Paar Arme und Beine sprießen lassen, auch nicht, indem wir unseren Bauch mästen, damit wir kugelrund werden, sondern indem wir lernen zu erkennen, dass wir die bessere Hälfte von uns in uns haben. Was bedeutet: Auch die schlechtere. Und die beiden ergeben meistens ein ganz schön Ganzes.

Euer Adam

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1 Kommentar zu "498 – Die bessere Hälfte"

  • Ein Macho geht davon aus, dass er ein ganzer Mensch ist. Du wirst es nicht glauben, aber auch ein Macho kann nicht alles. Meine Frau ergänzt mich, ohne dass mir ein Zacken aus meiner Krone fällt. Deshalb haben wir, wie bereits erwähnt, getrennte Aufgaben. Mit fließenden Grenzen. Das ist Praxis!

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