Zum Hauptmenü Zum Inhalt

534 – Die Zeit allein

29. März 2020

10 Kommentare

  • Liebe

Liebe Frauen,

sind wir allein, haben wir die Tendenz, nicht allein sein zu wollen.

Stimmt natürlich nur bedingt. Und bei vielen auch erst nach einer bestimmten Zeit. In Corona-Zeiten wie diesen, in denen wir uns isolieren müssen, ist das natürlich etwas anderes für Singles als für Paare. Während Paare sich unter Umständen alsbald auf den Sack gehen, gehen sich Singles höchstens selber auf den Sack. Aber das haben sie vielleicht auch schon vorher gemacht.

Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass die meisten Menschen nicht Single sein wollen. Deshalb: Wenn sie es sind, wird nach dem*der Richtigen gesucht. Und damit wird weltweit sehr viel Geld verdient. Außer wahrscheinlich jetzt gerade. Wie stehen die Tinder-Aktien?

Auf der anderen Seite werden sehr sehr sehr viele Beziehungen nur deswegen am Leben erhalten, weil der eine oder die andere einfach nicht allein sein will. Also lieber mit dem*der Falschen, als mit niemandem. Dann wird viel gelitten. Aber die Angst vor dem Leid allein zu sein ist noch viel größer.

Und den Einzigen, denen man zugesteht, tatsächlich wirklich allein sein zu wollen, das sind natürlich die, die nur deswegen allein sind, weil sie sich nicht auf etwas Fixes einlassen wollen, weil sie lieber rumficken wollen, weil sie lieber sowas sind, was man gerne „beziehungsgeschädigt“ nennt, weil sie genug davon haben, weil sie sich genügen. Gut, sollen sie.

Aber es geht eben auch anders.

Die Symbiose

Stellen wir uns ein Paar vor, stellen wir uns gemeinhin damit das Gegenteil von allein vor. Gut, es gibt auch dieses unsägliche Gefühl des Alleinseins, wenn man in einer Paarbeziehung ist, weil sich der*die andere entweder tatsächlich oder im übertragenen Sinn ganz woanders aufhält als man selbst. Und um das zu vermeiden, und um dieses Gefühl des Alleinseins endlich loszuwerden, hängt man sich, wenn es den*die andere*n nun endlich gibt, umso mehr dran. Keine Sekunde möchte man ohne den geliebten Menschen verbringen. Das kennen wir doch alle, nicht? Kaum haben wir uns verliebt, da geht es nicht mehr ohne den*die andere*n. Außenstehende nennen das vielleicht Klammern. Innendrinsteckende nennen es Liebe, Unendlichkeit, Zusammengehörigkeit, Symbiose, das, wonach sie sich ihr Leben lang gesehnt haben.

Und es vergeht die Zeit, und es wird sich gewundert, dass es langweilig wird.

Aber warum hat denn das am Anfang geklappt, und jetzt nicht mehr?

Erleben

Das Problem der Symbiose ist, dass man nichts mehr ohne dendie anderenn erlebt.

Was tut man denn am Anfang einer Beziehung? Man erzählt sich sein ganzes bisheriges Leben. Das ist super Gesprächsstoff. Nur irgendwann geht der aus. Weil man, wenn man chronologisch vorgegangen ist, irgendwann an dem Tag angekommen ist, an dem man den*die andere*n in sein*ihr Leben gelassen hat. Und davon muss man nicht erzählen, kennt der*die andere ja, war ja dabei. Dann sitzt man irgendwann nebeneinander am Sofa und der eine sagt: Ich habe mal… Und die andere antwortet: Kenn ich.

Man muss also was Neues erleben. Und zwar allein. Damit man in der Zeit zu zweit wieder was zu erzählen hat. Über sich. Will sagen: Die Zeit, die man alleine verbringt, obwohl man in einer Beziehung steckt, kommt der Beziehung direkt zugute. Und man erlebt das Erlebte nochmal, wenn man es erzählt. Weil man ja das Bedürfnis hat, mit dem anderen die Dinge, die man erlebt hat, zu teilen. Siehe Anfang der Beziehung. Das fällt umso schwerer, je mehr man aufeinanderpickt. Ob erzwungenermaßen oder nicht. Möchte man meinen.

Allein allein

Aber es gibt auch das, was man ganz allein für sich hat. Und haben soll. Und haben darf. Was man den anderen nichts angeht. Nicht, weil es etwas Verbotenes wäre, ich rede hier nicht vom Fremdgehen oder so. Ich rede davon, dass wir, bei aller Liebe, eben doch nicht in einem anderen Menschen aufgehen. Täten wir das, verlören wir uns. Und wen soll der andere dann noch lieben? Eben.

Auch das, was der*die andere niemals erfahren wird, und seien es noch so unbedeutende Kleinigkeiten, trägt dazu bei, dass das, was man zu zweit hat, hält. Und ja, das geht auch, wenn man zusammen ist.

Euer Adam

Dir gefällt mein Artikel? Dann sag's bitte weiter:


10 Kommentare zu "534 – Die Zeit allein"

  • Es stimmt, dass man sich nach Jahrzehnten nichts mehr Neues zu erzählen hat. Trotzdem ist es so, dass man sich in Gesellschaft fast immer neben seinen Partner setzt. Wenn ich mich im Lokal etwas weiter von meiner Frau entfernt an den Tisch setze, wird manchmal komisch geguckt.

    • Interessante Beobachtung. Setzt man sich also neben den*die Partner*in, weil man das will, oder weil es von einem erwartet wird? Früher gab es bei großen Festen immer Männer- und Frauentische. Was allerdings aus anderen Gründen passiert ist, weil da ist man davon ausgegangen, dass sich Frauen und Männer eh nichts zu sagen haben, weil Frauen ja nichts von dem verstehen, was Männer so reden.

      • Adam, aus meinen Kommentaren weißt du, dass es mir egal ist, was die Leute von mir erwarten. Ich bin niemand etwas schuldig. Mit kleinen Einschlänkungen: Ich gehe im dunklen Anzug zu einer Beerdigung.
        Bei Wanderungen in Gruppen, gehen meistens Männer zusammen und Frauen zusammen. Ich gehe auch mal mit 1 oder 2 Frauen zusammen. Du wirst es nicht glauben, dass ich das gerne mache, weil deren Sichtweise oft anders ist. Schon als Kind habe ich mich mit Mädchen unterhalten.
        Mehr Frauen in einer Gruppe muss nicht, weil deren Gesprächsstoff (andere Leute und deren Kinder) mich nicht interessiert. Zu Wort käme ich auch kaum.

        • auf der einen Seite sagst du, dich interessiert die andere Sichtweise der Frauen, und dann wieder, dass dich deren Gesprächsstoff nicht interessiert. Und dann schiebst du noch nach, dass du eh nicht zu Wort kommen würdest. Einerseits: Wenn dich die Sichtweise vom wem anderen interessiert, ist es ja ganz gut, zuzuhören, weil sonst hörst du nur deine eigene, die du den anderen erzählst. Andererseits: Nein, nicht alle Frauen reden nur über andere Leute und deren Kinder, und nein, nicht alle Frauen reden in einem fort. Ich schüttle gerade buchstäblich den Kopf darüber, dass ich sowas über schreiben muss.

  • Was sind das für komische Menschen, die ohne Arbeit, Sport, Gesellschaft usw. mit sich nichts anfangen können? Erschießen die sich, wenn sie Rentner sind?
    Man hat Zeit sich zu informieren, sich zu bilden, in den Garten zu gehen, zu basteln, alte Freunde mal wieder anrufen ………

    • genau das ist der Grund, warum sehr viele Menschen nach Pensionsantritt in die Depression rutschen. Und tatsächlich ist in dieser Zeit die Suizidgefahr erhöht.

Kontaktformular

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*
*