325 – Der die das Gender
29. März 2016
4 Kommentare
- Männer
Liebe Frauen,
zu welcher Gruppe zählt Ihr Euch? Zu jener, die schon reichlich genervt sind durch das ständige gendern überall, oder doch zu der anderen, die auf ordentliches gendern bestehen, weil es sinnvoll ist?
Ich selber fühle mich beiden Gruppen zugehörig. Denn ja, ich bin genervt durch die Binnen-Is und die doppelten Artikel die/der, durch Behinderung durch dieses ständige Ausbessern beim Schreiben (und ich spare es mir ja eh, wo ich kann, wie Ihr ja nachlesen könnt, und doch und doch und doch), und durch die teils absolute Unleserlichkeit irgendwelcher Texte, weil das, was dann da steht, einfach nicht mehr dem entspricht, was ich beim Lesen denk. Niemand denkt automatisch und ohne lange nachzudenken „die Hausfrau Querstrich der Hausmann“, oder „die Ärztin Querstrich der Arzt“, oder „die Querstrich der Proktolog groß I n“.
Aber ja, ich bin durchaus der Meinung, dass es wichtig ist, dass Frauen gleichermaßen in der alltäglichen Sprache vorkommen wie Männer, weil es geht dabei nicht um eine bewusste Diskriminierung, und doch um eine unbewusste andere Wahrnehmung der Frau in der Gesellschaft (die Frau führt den Haushalt, der Mann ist Arzt (und führt anderen Männern seinen Finger rektal ein)). Und Wahrnehmung drückt sich in Sprache aus. Und kann also auch durch Sprache verändert werden. Aber eben nur, wenn die Sprache auch Sprache ist, und nicht ständig nur Stolpern und Holpern im Hirn verursacht.
Zum Weltfrauentag hat der ORF auf seiner News-site einfach mal den Spieß ungedreht, und alle sonst mit irgendwelchen Binnen-Is oder sonstwie gedenderten Wörter einfach in ihrer weiblichen Form ausgeschrieben. Und ich muss es zugeben, ich bin das eine oder andere Mal kurz hängen geblieben. Aber ich konnte es lesen. Und ich habe mir gedacht, dass eine solche Vorgangsweise doch viel sinnvoller ist, wenn einfach jene Wörter, die Frauen und Männer gleichermaßen meinen, mal so, mal so geschrieben werden. Oder führt das nur wieder zur Konfusion? Weil man dann nicht mehr erkennt, wenn wirklich nur Frauen oder nur Männer gemeint sind. Wahrscheinlich. Mist, hätte ein Ansatz sein können.
Einen anderen Ansatz sehe ich zudem in der Verwendung des Wortes „gender“. Denn es ist feige. Nicht das Gendern an sich, nein, sondern dass wir uns im deutschsprachigen Raum darauf geeinigt haben, ein englisches Wort für den Vorgang, Gleichberechtigung in die Sprache einfließen zu lassen, benutzen. Warum, bitte? Ja, sicher, es gibt so viele Anglizismen, und ich bin keiner von denen, die ständig auf die Reinheit der Sprache pochen, denn Sprache ist etwas lebendiges, sie verändert sich und muss sich verändern und sie hat sich auch immer schon verändert und wir reden nicht mehr so wie vor 50 Jahren und in 50 Jahren reden wir halt anders als heute. Aber man kann sich halt auch so gut hinter Wörtern verstecken. Und „gender“ sagen, wenn man „Geschlecht“ meint. Aber bei diesem Wort, Geschlecht, da denkt man so schnell an Penis und Vagina, iiih. Ja, eben, man denkt an Penis und Vagina, und? Weil es auf deutsch halt nur dieses eine Wort gibt, welches sowohl das biologische, wie das grammatikalische Geschlecht bezeichnet (und es gibt noch ein vollkommen diskriminiertes drittes Geschlecht, das sächliche, huch). Nennt das Kind beim Namen. Und auf englisch wiederum, da gibt es zwei Wörter, nämlich „gender“ und „sex“. Und dann kann man mal darüber diskutieren, worüber wir im Grunde diskutieren: Grammatik oder Biologie. Und da sich die Diskriminierung lediglich in der Sprache zeigt, sich aber vom Menschen ausgehend auf den Menschen bezieht, sollten wir doch auch da mal ehrlich sein, und sagen, was wir meinen.
Aber möglicherweise würde die Debatte nur noch hitziger geführt, würde man sich nicht mehr hinter Wörtern und Grammatik flüchten können, denn dann müsste man sich tatsächlich damit auseinandersetzen, worum es geht. Weil ein Andreas Gabalier dann vielleicht sogar am Ende seines ganz privaten Denkens zugeben müsste, dass er eben nicht nur die österreichische Bundeshymne mit den Wörtern „Heimat bist du großer Söhne“ gelernt hat, weshalb er ja gerne und mit viel Getöse auf die neue Version „Heimat großer Töchter und Söhne“ verzichtet, sondern dass er eben auch gelernt hat, dass Frauen nicht zu jenen Menschen gehören, auf die man so stolz ist, dass man sie in einem Lied, herrgott, in einem blöden Lied, mal kurz erwähnt. Aber seine Frau, so seine Aussage, bleibt ja auch zuhause bei den Kindern, wie sich das gehört.
Euer Adam
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Auf diese Idee sind wahrscheinlich Politiker gekommen, die sich mal ins Gespräch bringen wollten.
Selbst diese Politiker halten es meist nicht durch. Das fängt an mit „Liebe Bürgerinnen und Bürger“ und nach wenigen Sätzen kommt wieder die maskuline Form. Eine ÄrztIN hatte in einem Vortrag X mal gesagt „fragen Sie Ihren Hausarzt oder Ihren Facharzt“.
Kommt demnächst im Fernsehen „Fragen Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin oder Ihre Apothekerin oder Ihren Apotheker?“
Meine Frau hat auch Formulare ausgefüllt wo „Antragsteller“ stand und sie hat sich nicht diskriminiert gefühlt. Ich bin überzeugt, dass man damit niemand diskriminiert. Damit nicht.
Ich glaube es ist die SPD, die aus der Krankenversicherung eine Bürgerversicherung machen will. Also nur für Männer.
Eine Überschrift in der Zeitung: „Die Hälfte aller Wirte sind Frauen“. Wie würde das richtig heißen?
Es gibt sehr viele Dinge, die wichtiger sind! Und vor allem dringender!
aber es ist halt sehr einfach, sich darüber aufzuregen, dass sich die Menschen darüber aufregen, ob es nun “Bürger” oder “Bürgerinnen und Bürger” oder “BürgerInnen” oder sonstwie heißt, als sich um das zu kümmern, was dahintersteckt, dass nämlich nach wie vor Frauen in vielen Belangen nicht als gleichberechtigt angesehen werden.
Hallo Adam,
mit der Gleichberechtigung hast du Recht. Es gibt viel zu tun. Nicht nur für die Männer. Auch die Frauen müssen sich besser verkaufen, d. h. besser verhandeln und ihre Arbeitskraft teurer machen.
Bei der die das Gender kann halt jeder Blöde mitreden.
Bei der die das Genre redet halt jeder Blöde mit, weil`s so gut wirkt, mitzureden, dann braucht man nix tun 😛 Aber ich hege die Hoffnung, dass auch schon das (Mit)reden was in den Köpfen verändert.