453 – Die unsichtbare Ex
9. September 2018
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- Liebe
Liebe Frauen,
seid Ihr jungfräulich in die Ehe gegangen?
Oder, falls Ihr nicht verheiratet seid, in die Beziehung?
Wahrscheinlich nicht.
Wahrscheinlich ist das lange her. Dass Ihr tatsächlich zu einem Mann sagen konntet: Vor dir gab’s niemanden. Weil: Wahrscheinlich seid Ihr eben nicht mit dem Mann zusammen, mit dem Ihr Euer erstes Mal hattet. Ausnahmen bestätigen zwar die Regel, bleiben aber seltene Ausnahmen.
Und das gilt nicht nur für Euch, liebe Frauen, sondern natürlich auch für die Männer. Alle Männer. Wir hatten alle schonmal wen davor. Ja, wir hatten wahrscheinlich sogar schon jemanden vor dem ersten. Weil möglicherweise haben wir eben nicht mit dem ersten Freund resp. der ersten Freundin auch den ersten Sex. Und möglicherweise waren wir auch schon vor unserem ersten Freund resp. der ersten Freundin in ganz wen anderen verknallt. Weil das so ist. Weil das zum Leben gehört. Weil wir alle schon gelebt haben, bevor wir angefangen haben mit dem Menschen zu leben, mit dem wir derzeit leben.
Ausklammern
Und doch tun wir manchmal so, wie wenn das nicht so wär.
Nein, nicht aufs Leben bezogen, aber auf die Menschen, mit denen wir gelebt haben. Denn wer redet schon gerne über seine/n Ex mit dem aktuellen Partner? Und wer will schon gerne vom aktuellen Partner vom/von der Ex hören? Nicht einmal das Geschimpfe, wie der oder die denn so war, wollen wir uns geben. Weil es aus einem anderen Leben ist. Ein Leben, das mit uns nichts zu tun hat. Und wir kennen das doch nur zu gut, nicht wahr?, dass wir das Gefühl haben, verglichen zu werden mit einer Vergangenheit, die dann eben doch nicht ganz so vergangen zu sein scheint. Und schon gar nicht vergessen. Denn das ist unsere Angst: Dass die/der Ex zumindest gedanklich doch die ganze Zeit vor der Tür rumlungert und nur darauf wartet, wieder anklopfen zu dürfen. Also tun wir was? Wir klammern die Exen aus.
Vergangenheit ist, was man draus macht
Ja, natürlich erzählen wir von unserem Leben davor, was wir erlebt haben, welche Konzerte wir besucht haben, welche Urlaube wir gemacht haben, wo es uns gut ging, wo es uns schlecht ging. Und wenn wir all das erzählen, wird aus einem Wir, welches aus uns und dem/der Ex besteht, ein Ich und ein Freund. Oder ein Ich und ein ganzer Haufen an Freunden. Oder ein Ich.
Wir schreiben unsere Vergangenheit neu. Und aus dem/der Ex wird ein Schatten, der da und dort vielleicht zwar zu bemerken ist, aber die Person, die den Schatten wirft, wird ausradiert, unsichtbar gemacht, wie wenn sie nie existiert hätte.
Die Dankbarkeit
Aber sie hat existiert. Wir sind eben nicht mit unserer ersten großen Liebe ein Leben lang zusammen. (Bis auf die paar seltenen Fälle, die mir noch nicht begegnet sind.) Und das ist gut so. Denn unsere Exen haben uns (auch) zu dem gemacht, der/die wir heute sind. Und dazu gehören die schlechten Erfahrungen und dazu gehören die guten Erfahrungen. Und wenn ich mal davon ausgehe, dass wir allesamt, wie wir so da rumleben, mit dem derzeitigen Partner ganz zufrieden sind, dann liegt das eben auch an den Exen unseres Partners. Wir müssen denen also dankbar sein. Und zwar nicht nur dafür, dass sie sich irgendwann von ihm/ihr getrennt haben oder getrennt wurden, damit wir kommen und Ansprüche anmelden konnten, und auch nicht für die negativen Erfahrungen, die zu eben dieser Trennung geführt haben, sondern auch für die vielen glücklichen Momente, die sie dem Menschen (hoffentlich) beschert haben, den nun wir lieben. Denn ohne diese Momente wäre der Mensch vielleicht nicht so, wie wir ihn liebenswert finden.
Und: Wenn wir wen lieben, wollen wir dann nicht, dass dieser Mensch glücklich ist? Und wollen wir dann nicht, dass dieser Mensch immer glücklich sein wird? Und wollen wir dann nicht, dass dieser Mensch immer glücklich war? Auch vor uns?
Ich hoffe, Ihr habt jetzt alle Ja gesagt.
Und fangt an, Eure Exen nicht mehr auszuklammern.
Und fangt an, es ok zu finden, dass auch wir das nicht tun.
Euer Adam
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